Ostergruß der Assessorin Pfarrerin Kirsten Winzbeck

Erstellt am 07.04.2020

Liebe Leserinnen und Leser,

in diesen Tagen und Wochen ist alles anders. 

Kein hektisches Treiben auf den Straßen, keine Motto-Wochen bei den Abiturient*innen, niemand, der in den Osterferien in den Urlaub fährt, kein Großeinkauf für die Festtage …

Alles ändert sich schlagartig. Mir fällt es schwer, Menschen nicht mehr die Hand zu reichen oder mit einer Umarmung zu begrüßen. Diese freundliche Nähe fehlt mir. Ich merke, wie distanziert das alles auf mich wirkt. Und ich spüre die vielen Sorgen, die die Menschen in diesen Tagen belasten, die Sorge um die Gesundheit, die Sorge um die Familie, die Sorge um die wirtschaftliche Existenz, die Sorge um persönliche Lebensentwürfe. Auf einmal wird uns bewusst, wie zerbrechlich unser Leben ist, dass die Zukunft nicht immer planbar ist und wie hilflos wir in diesen Tagen und in dieser Situation sind. 

Vielleicht verbindet uns diese Unsicherheit mit den Menschen, die das erste Osterfest erlebt haben. Sie haben den Mittelpunkt ihres Glaubens verloren. Von heute auf morgen war alles anders und unberechenbar. 

Der Glaube ist das, was mir in diesen Tagen große Hoffnung und viel Kraft gibt. Jeden Abend um 19.30 Uhr halte ich inne und höre unsere vielen verschiedenen Kirchenglocken läuten. In diesem Moment weiß ich mich mit vielen anderen Menschen im Gebet verbunden und das tut unendlich gut. Der Glaube verbindet uns, wenn wir zu Hause, jede und jeder für sich, am Sonntag Gottesdienst feiern und doch gleichzeitig wissen, dass wir nicht alleine sind, sondern untereinander im Gebet und im Hören auf Gottes Botschaft miteinander verbunden. 

Diesen Trost, den ich im Glauben spüre, erlebe ich genau in diesen Tagen an vielen unterschiedlichen Stellen. Menschen organisieren Nachbarschaftshilfen, junge Menschen kaufen für ältere Menschen ein und bringen ihnen die Lebensmittel nach Hause. Ärzte, Erzieherinnen, Pfleger und Verkäuferinnen machen viele Überstunden, damit wir alle weiterhin mit dem Nötigsten versorgt werden können. Solidarität, Unterstützung und Begleitung das sind für mich Formen von Trost, in denen wir Gottes Segen in diesen Tagen ganz deutlich spüren können. Mit all den kleinen und großen Gesten, die wir in der aktuellen Situation erleben, spüren wir, dass wir nicht alleine sind und können dadurch neue Zuversicht gewinnen. 

So ging es damals auch den Jüngerinnen und Jüngern, die das erste Osterfest erlebt haben. Gemeinsam haben sie sich in ihrer Trauer die Geschichten, die sie mit Jesus erlebt haben, erzählt. Und am Ostermorgen durften sie erleben, dass das Leben über den Tod siegt. 

So stelle ich es mir vor, wenn wir einander in ein paar Wochen oder Monaten wieder die Hände reichen und uns in die Arme nehmen dürfen, wenn wir nach langer Zeit endlich wieder unsere Angehörigen in den Pflegeheimen und zu Hause besuchen dürfen. Das Leben siegt! Wir werden das Leben nach dieser Krise sicherlich noch viel bewusster wahrnehmen und das, was uns bisher immer als selbstverständlich erschien, dann in besonderer Weise zu schätzen wissen. 

Jetzt ist es wichtig, Wege zu finden, um miteinander in Kontakt zu bleiben, uns gegenseitig zu ermutigen und das Evangelium zu teilen.

Bleiben Sie alle in diesen Tagen behütet und gesund. 

Ich grüße Sie alle mit dem Ostergruß: "Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!"