Festakt: 60 Jahre Gesellschaft für christlich-jüdisches Leben

„Wer nicht ich, wer? Wenn nicht jetzt, wann?"

Zu den geladenen Gästen beim Festakt gehörten auch (v.l.) Christl Lewin (Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit), Ralf Lange-Sonntag von der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ulrich Hempel und Gerda E.H. Koch (beide Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit),Rudolf W. Sirsch (Deutscher Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit), Recklinghausens Bürgermeister Christoph Tesche und Superintendentin Saskia Karpenstein.

 

Recklinghausen – Am Sonntag wurde in der Christuskirche Recklinghausen der Festakt zum sechzigjährigen Bestehen der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghausen e.V. begangen. Eigentlich sollte die Veranstaltung schon im Frühjahr im Rathaus, hier wurde der Verein am 25. Januar 1961 gegründet, abgehalten werden, doch Corona ließ das nicht zu. Und um einem größeren Kreis jetzt die Teilnahme zu ermöglichen, wurde der Festakt in die Altstadtkirche verlegt. Unter den geladenen Gästen waren Superintendentin Saskia Karpenstein, Rudolf W. Sirsch, Generalsekretär des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit i. R., die 1. Stellv. Landrätin Martin Eißing sowie Bürgermeister Christoph Tesche. Durch die Veranstaltung führte Gerda E. H. Koch, Vorsitzende der GCJZ. Für den guten Ton sorgte die Musikgruppe Areosounds der Propstei St. Peter.

Überschattet wurde der feierliche Festakt von einer traurigen Meldung aus Köln. In der Domstadt wurde ein junger Mann mit jüdischer Kipa angegriffen und schwer verletzt. Gastgeberin Helga Koch brachte gleich zu Beginn ihr Bedauern zum Ausdruck und machte die Dringlichkeit der Arbeit der Gesellschaft deutlich.

In seiner Festrede erinnerte Rudolf W. Sirsch an die Gründungzeit und blickte auf das 60-jährige Wirken der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Zwei bedeutende Ereignisse führten vor 60 Jahren zur Vereinsgründung: 1960 wurde in der Kunsthalle Recklinghausen die Ausstellung “Synygoga. Kultgegenstände und Kunstwerke. Von der Zeit der Patriarchen bis zur Gegenwart” eröffnet. Das zweite Ereignis war der Eichmann Prozess in Jerusalem, der der gesamten Weltöffentlichkeit die Ziele der Nationalsozialisten vor Augen führte. Seit dem fördert die GCJZ das Verständnis, die Zusammenarbeit und den religiösen Dialog zwischen Juden und Christen.

In ihrer Eröffnungsrede als “Hausherrin” thematisierte die Superintendentin die Schuldfragen. Dabei betonte die Theologin: “Meine Hoffnung liegt in der Gegenwart und in der Zukunft. Symbolisiert an einem Tag wie diesem. Die Erkenntnis, dass es nicht meine Schuld ist, entlastet meine und jüngere Generation.” Weiterhin appellierte sie an die heutigen Generationen einander mit Respekt und Achtsamkeit zu begegnen. “Schweigen, zuhören, sich austauschen. Fremdheit aushalten und das Gemeinsame suchen.”

Die 1. stellvertretende Landrätin Martina Eißing mahnte mit Blick auf das Motto der Veranstaltung “Wenn nicht ich, wer? Wenn nicht jetzt, wann” dazu, sich stets zu erinnern und den nachwachsenden Generationen von der Vergangenheit zu erzählen. “Wir haben eine gemeinsame Verantwortung, nämlich die Verantwortung an die Erinnerung und an die Gestaltung der Zukunft. Nur so können wir unseren Beitrag dazu leisten, dass es tatsächlich nie wieder so weit kommt.”

Seine Glückwünsche im Namen der Verwaltung und des Rates der Stadt Recklinghausen überbrachte Bürgermeister Christoph Tesche. Ähnlich wie die Superintendentin setzte der Politiker in seiner Rede auf Dialog. “Einander wertschätzen, einander achten und respektieren. Das gemeinsame Eintreten für Toleranz und Zivilcourage, gegen Rassismus und Antisemitismus ist und bleibt ein immerwährender Auftrag.” Dabei hob er die besondere Rolle, das vielfältige Engagement der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hervor, die für den Dialog steht und maßgeblichen Anteil am kulturellen und friedlichen Miteinander in Recklinghausen hat.

Die fünfköpfige Musikgruppe Areosounds sorgte mit modernem Sound und populären Songs für die nötige Auflockerung zwischen den Redebeiträgen. Amelie Kuster, Phileas Kuhlmann, Tobias Schönert, Johanna Lackmann und Simon Opalinski performten u. a. “Sieben Brücken” von Karat sowie “Penny Lane” und “Let it be” von den legendären Beatles.

Text und Foto: Jörg Eilts