Große Konfliktfragen auch bei Kirche

Empfang des Kirchenkreises diskutiert über Herausforderungen der Zukunft

Zwei Mal musste der Jahresempfang 2021 des Ev. Kirchenkreises Recklinghausen coronabedingt verschoben werden. Jetzt war es so weit. Rund 50 Gäste trafen sich am Donnerstag, 06. Mai 2022 in der Dreifaltigkeitskirche in Marl zu einem Vortrag von Prof. Arnulf von Scheliha mit anschließender Aussprache. Gastgeberin des Abends war Superintendentin Saskia Karpenstein, die Moderation lag bei Dr. Hans Hubbertz, Referat für Gesellschaftliche Verantwortung für die Kirchenkreise Recklinghausen und Gladbeck-Bottrop-Dorsten.
 

Prof Arnulf von Scheliha ist seit 2014 Professor für Theologische Ethik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster und Direktor des Instituts für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften. In seinem rund halbstündigen Vortrag zeigte Scheliha auf, dass die Kirche sich über die Tiefe der gegenwärtigen Krise keiner Illusion hingeben darf, weil wir zugleich in der Krise auch große Chancen haben, die wir annehmen müssen. “Das betrifft sowohl die Herausforderungen der pluralen Religionskultur, in der wir die evangelische Stimme friedlich, aber pointiert erheben können, die digitale Kommunikation, die unglaublich die Reichweite der Kommunikation des Evangeliums erhöhen kann und das betrifft die Politisierung, weil wir durch politische Einflussnahme nach wie vor das Christentum als einen wichtigen, kulturellen und friedensstiftenden Faktor zur Geltung bringen können,” sagte der studierte Theologe und Fachmann für theologische Ethik. Gleichzeitig mahnte er: “Wir müssen aber natürlich auch darauf achten, dass wir uns damit nicht vollständig identifizieren, sondern klar machen, dass die Quelle, aus der all das kommt, das Evangelium Jesu Christi ist.” 
 

Dr. Hans Hubbertz zeigte sich im Anschluss sehr zufrieden mit dem Verlauf des Abends. “Das war eine gelungene Veranstaltung. Angeregt durch den guten Vortrag hatten wir eine realitätsbezogene Diskussion, wo man hören konnte, was in dem Arbeitsalltag von Gemeinden vorkommt, wo die Wünsche und Probleme sind. Wir haben heute einiges gehört, aber ohne, dass die Leute in Frustration und Defätismus gemündet sind.” Mit seiner lockeren und konstruktiven Moderationsführung band Hubbertz das interessierte Publikum gekonnt ein, und ließ es sich zwischendurch nicht nehmen, selbst die eine oder andere mitunter provokante Frage an den Professor einzustreuen.
 

Superintendentin Karpenstein fühlte sich besonders inspiriert von der Aussprache zur politischen Standortbestimmung von Kirche, insbesondere zum Thema Friedensethik. Entsprechend angetan fiel dann auch ihr Fazit des Abends aus: “Ich habe deutlich gespürt, dass da große Konfliktfragen auch bei Kirche sind, dass es da auch ein Gegeneinander gibt. Gleichwohl war es schön zu sehen, wie die Frage eines Miteinander in der Zukunft von den verschiedenen Zielgruppen und Milieus offen diskutiert wurde. Das war spannend und ehrlich.”  (JE)

 

Foto: Jörg Eilts