Rückblick der scheidenden Superintendentin Katrin Göckenjan-Wessel

"Es hat alles gut gepasst"

KIRCHENKREIS – Auf der Herbstsynode im November 2012 wurde Katrin Göckenjan-Wessel zur Nachfolgerin von Peter Burkowski als Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen gewählt. Im März 2013 trat sie ihr Amt an. Nach sieben Jahren ist sie nun zum 1. April 2020 als Nachfolgerin von Petra Wallmann als Oberkirchenrätin und Personaldezernentin ins Landeskirchenamt nach Bielefeld gewechselt. 

Göckenjan-Wessel empfindet das Amt einer Superintendentin als ziemlich herausfordernd in diesen Zeiten. Der Entscheidung auf die Anfrage, als Oberkirchenrätin zu kandidieren, sei ein längerer Abwägungsprozess vorher gegangen. Nun ist sie für die nächsten acht Jahre gewählt. „Dann wird man sehen.“ Um den Kirchenkreis Recklinghausen sei sie nicht ängstlich, so Göckenjan-Wessel. Es gebe dort viele gute Leute, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. 

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Gemeindeglieder rapide gesunken, ca. 10 % von 2013 bis heute. Dieser Prozess ist eine gesellschaftliche Entwicklung, so Göckenjan-Wessel. Zwei Drittel der Bewegungen ergeben sich aus demografischen Faktoren. Zudem lassen die Menschen sich immer weniger auf längere Bindungen ein. Projekte mit klaren Zeiträumen haben eine Zukunft. Es gibt Bedarfe bei der Begleitung junger Familien und junger Erwachsener bis Mitte. Außerdem sind die Kindertageseinrichtungen ein wichtiger Faktor. Wichtig sei es, die Botschaft von der Liebe Gottes zu den Menschen weiter zu erzählen und das auch zu tun: „Hier kommt die Diakonie ins Spiel.“

Göckenjan-Wessel nahm noch einmal Bezug auf das Reformationsjubiläium im Jahr 2017. Die Gedanken Martin Luthers seien auch heute noch aktuell: „Wir sind wertvoll bei Gott ohne Leistung.“ Sie sprach sich für den Blick in den Sozialraum aus: „Wir sind nicht für uns selber da.“ Kulturelle Projekte fänden guten Zuspruch. Beispiele dafür seien das Kirchliche Filmfestival und existentielle Themen wie die Hilfe für Menschen mit Fluchterfahrung oder die Schöpfungsverantwortung. 

Standorte und Arbeitsbereiche müssen weiter überprüft werden. Verstärkt worden ist die Zusammenarbeit mit dem Nachbar-Kirchenkreis Gladbeck-Bottrop-Dorsten. Verschiedene Arbeitsbereiche sind für beide Kirchenkreise zuständig und erzielen dadurch eine größere Wirkung wie das Schulreferat, die Pfarrstelle für gesellschaftliche Verantwortung und ab Sommer eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit. 

Während ihrer Amtszeit hat Katrin Göckenjan-Wessel 35 Pfarrerinnen und Pfarrer verabschiedet und 12 neue begrüßt und eingeführt. Bei den Pfarrstellen sei es nicht sicher, dass zukünftig alle besetzt werden können. Hier gebe es die sehr wertvolle Entwicklung zu interprofessionellen Teams mit dem Zusammenspiel verschiedener Berufe. „Dabei können wir lernen, wie die verschiedenen Aufgaben im Team wahrgenommen werden.“ Dadurch biete sich die Chance, dass Arbeitsbereiche in den Gemeinden erhalten bleiben. „Im Evangelischen Kirchenkreis Recklinghausen sind bereits zwei Kirchengemeinden mit zwei Diakoninnen in interprofessionellen Teams unterwegs, zwei weitere sind in der Konzeptionsphase. 

Göckenjan-Wessel ist davon überzeugt, dass gemeinsame Projekte Zukunft haben. Ein Beispiel dafür sei das ökumenische Angebot im Advent, die „ViertelSternStunde“ in der Propsteikirche St. Peter gewesen. Das Angebot kam gut an und es haben viele mitgemacht. In Recklinghausen gebe es zudem verschiedene interessante Gottesdienstangebote wie den LitDom in der Arche am Quellberg, den „Auf ein Wort“-Gottesdienst an der Johanneskirche am Hinsberg oder die Filmgottesdienste in der Kreuzkirche in Suderwich. 

Bei allem Projektdenken seien trotzdem verlässliche Formen von Gemeinschaft notwendig. „Die Menschen haben eine Sehnsucht nach Treffen mit Gleichgesinnten.“ Es brauche verlässliche Strukturen für Aufgaben, die einem wichtig sind. Hier sei ein gutes Gespür für Veränderungsintelligenz notwendig. Sie ist dankbar für diese Zeit in Recklinghausen, sagt Katrin Göckenjan-Wessel, für die gemeinsame Leitung mit den Gremien. „Es hat alles gut gepasst.“

Ihre neue Aufgabe als Oberkirchenrätin und Personaldezernentin gehe sie mit Respekt vor der Größe der Aufgabe an. Dies sei ein ganz sensibler Arbeitsbereich. Für die Zukunft ist zu fragen, wie Pfarrerinnen und Pfarrer ausgebildet werden müssen, welche Rahmenbedingungen sie brauchen, damit sie gut leben und arbeiten können. 

Ihre Idee von Leitung nimmt sie mit nach Bielefeld, und das ist die Leitung im Team. Dies sei auch so in der Kirchenordnung als Verfassung der Evangelischen Kirche von Westfalen enthalten. Die Gefahr, dort zu weit weg von der Basis zu sein, sieht Göckenjan-Wessel nicht. Sie wolle durch die Kirchenkreise fahren und sich die Regionen und Strukturen vor Ort ansehen. 

An Recklinghausen vermissen wird sie die lebendige Ökumene, das gute Zusammenspiel von Kirche und Politik, die Ruhrfestspiele sowie das Bodenständige, Offene und Unverdrehte der Menschen in dieser Region. „Hier erlebt man die Veränderung der Industriegesellschaft zur Kulturlandschaft“, so Göckenjan-Wessel. (Foto: uka)