08/08/2024 0 Kommentare
10. Kirchliches Filmfestival: Ehrenpreis für Wim Wenders
10. Kirchliches Filmfestival: Ehrenpreis für Wim Wenders
# Webseiten-Migration
10. Kirchliches Filmfestival: Ehrenpreis für Wim Wenders
10. Kirchliches Filmfestival mit Wim Wenders als ökumenischer Botschafter
Wim Wenders nimmt von Julia Borries den Ehrenpreis entgegen.
RECKLINGHAUSEN – Mit neuem Logo und frischem Design startete das 10. Kirchliche Filmfestival in sein Jubiläumsjahr. Eine positive Bilanz zogen die Veranstalter zum Abschluss des Filmfestivals, das am Sonntag in Recklinghausen zu Ende ging. Insgesamt 16 Spiel- und Dokumentationsfilme sowie drei Kurzfilme, viele vor dem offiziellen Kinostart oder als Recklinghausen-Premiere, waren an den fünf Tagen im Cineworld-Kino in Recklinghausen zu sehen. Ein besonderes Highlight auf diesem Jubiläumsfestival war die Verleihung des Ehrenpreises des Kirchlichen Filmfestivals an Wim Wenders.
„Of Fathers and Sons – Die Kinder des Kalifats“ heißt der diesjährige preisgekrönte Dokumentarfilm, der den Ökumenischen Filmpreis erhalten hat. Produzent Tobias N. Siebert nahm das Preisgeld von 2.000 Euro und den Olivenbaum als Sinnbild des Friedens von Weihbischof Rolf Lohmann in Vertretung von Bischof Felix Genn entgegen. Der Preis wird von der evangelischen und katholischen Kirche verliehen. Der Film von Regisseur Talal Derki erhielt auf über 100 Festivals mehr als 30 Auszeichnungen. Derki zeigt den Alltag einer radikal-islamistischen Großfamilie im vom Krieg verwüsteten Syrien aus einer noch nie gezeigten Perspektive. Über zwei Jahre begleitete er ihren Alltag und zeigte tiefe Einblicke in das Leben einer sonst hermetisch abgeriegelten Welt.
Den Film als Kunstwerk beschrieb die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Dr h.c. Annette Kurschus in ihrem Grußwort. Einem Kunstwerk widmet man Aufmerksamkeit. Es kann irritieren und abstoßend wirken. „Unbequeme Filme haben das Zeug, echte Kunstwerke zu sein“, so Kurschus. Sie warf einen Blick auf die Vielfalt der unbequemen Filme beim diesjährigen Kirchlichen Filmfestival. So wurde das Thema des sexuellen Missbrauchs nicht ausgenommen, der in dem französischen Film „Gelobt sei Gott“ thematisiert wird. „Hier dürfen wir keine unbequeme Wahrheiten scheuen, genauer hinsehen und die notwendigen Konsequenzen ziehen“, sagte die Präses und stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Kurschus hob auch die besondere Verantwortung von Christinnen und Christen für die Schöpfung hervor, die in dem Film zum Kinder- und Jugendfilmpreis „Checker Tobi und das Geheimnis unseres Planeten“ deutlich wird. „Das kann auch den Verzicht auf manche Bequemlichkeit bedeuten“, machte Kurschus deutlich.“ Bei dem Einsatz für eine gute Zukunft der Erde sollte die Kirche eine glaubwürdige Vorreiterin sein.
Die Präses ermutigte die Anwesenden, nicht alles so niederschwellig zu machen, dass nur noch Plattheit und Banalität übrig bleiben. Ihr Wunsch für die Verantwortlichen des Kirchlichen Filmfestival sei es, dass sie auch zukünftig einen guten Blick für unbequeme Filme haben, die irritieren, bewegen und begeistern. In diesem Sinne sei ihre Aufgabe als Schirmherrin des Kirchlichen Filmfestivals in Recklinghausen „eine privilegierte Luxus-Aufgabe ihres Amtes“, schloss Kurschus ihr Grußwort.
Der diesjährige Kinder- und Jugendfilmpreis „Der grüne Zweig“ ging an den Film „Checker Tobi und das Geheimnis unseres Planeten“. Regisseur Martin Tischner ist ein Abenteuerfilm für die ganze Familie gelungen. Hauptdarsteller Tobi Krell nahm die Auszeichnung entgegen, die von Recklinghausens Bürgermeister Christoph Tesche, Propst Jürgen Quante und dem Institut für Filmkultur (IKF) verliehen wird. Nach der Preisverleihung stand Tobi Krell für Fotos und Autogramme zur Verfügung.
Zum Jubiläumsjahr begann das Kirchliche Filmfestival vor der offiziellen Eröffnung mit einem ökumenischen Filmgottesdienst in der Christuskirche in Recklinghausen, den Superintendentin Katrin Göckenjan, Pfarrer Harald Wagener und Pastoralreferent Joachim van Eickels zum Film „Parked – Gestrandet“ gestalteten. Eine Besonderheit gab es in Propsteikirche St. Peter mit der Vorführung des Stummfilms „Sonnenaufgang – Das Lied von zwei Menschen“ aus dem Jahr 1927 von Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau. Musikalisch wurde der Film von Regionalkantor Thorsten Maus live an der Orgel begleitet.
Neu im Jubiläumsjahr war ein Jugendfilmprojekt in Kooperation mit zwei Schulen und einem Jugendtreff. Die Jugendlichen haben sich im Vorfeld mehrere Filme angesehen und sich für die Ausstrahlung des Films „Utoya 22. Juli“ über das Attentat des Rechtsradikalen Behring Breivik auf ein Jugendcamp in Norwegen entschieden. Der Film wurde unter Mitwirkung der beteiligten Jugendlichen präsentiert.
Ehrenpreis für Wim Wenders
Ganz am Ende des 10. Kirchlichen Filmfestivals nahm Wim Wenders den Ehrenpreis für sein Lebenswerk persönlich in Empfang, zwischen zweien seiner Filme mit besonderen spirituellen Inhalten: „Der Himmel über Berlin“, einer poetischen Liebeserklärung an das Leben und seine Vergänglichkeit, und „Papst Franziskus - ein Mann seines Worts“.
Beide Filme haben einen engen biografischen Bezug: Wenders trat 1968 aus der katholischen Kirche aus, 20 Jahre später „durch die andere Tür“ in die evangelische Kirche wieder ein. „Ich bin im Herzen durch und durch katholisch“ geblieben, „das werde ich auch nicht mehr los“, bekannte Wenders seinem Publikum. Die Trennung beider Kirchen finde er aber „einen Skandal“, er versuche als ökumenischer Christ „beides zu leben“.
Bemerkenswert sei allerdings, so Wenders, dass der im Jahr 1987 angelaufene Film „Der Himmel über Berlin“ mit den zwei Engeln Bruno Ganz und Otto Sanders in den Hauptrollen besonders gerne von Atheisten gesehen worden sei. Sie seien insgesamt wohl auch sentimentaler, behauptete Wenders schmunzelnd.
Nur drei Personen hätten von seiner Dokumentation über Papst Franziskus gewusst, so der Filmemacher: der Papst, sein Sekretär und der Übersetzer. Der Sekretär habe ihn angeschrieben, ob er einen Film machen wolle. An vier Vormittagen, über zwei Jahre seit Herbst 2017 verteilt, seien die Aufnahmen als Gespräch unter vier Augen mit Hilfe eines abgedeckten Teleprompters entstanden, so dass der Papst vom Filmequipment nicht abgelenkt wurde und sich voll auf Wim Wenders als Zuhörer konzentrieren konnte. Der wurde als im Film unsichtbares Gegenüber zum Medium für die Zuschauer. So konnten diese das Gefühl bekommen, sie würden direkt selbst angesprochen.
Weiteres Filmmaterial bezog Wenders aus dem päpstlichen Filmarchiv, zu dem er freien Zugang hatte. Für die Darstellung des Heiligen Franziskus schuf er eine eigene Rolle im Stil alten Bildmaterials in Schwarz-Weiß. „Ich habe viel von Ihnen gehört, aber keinen Ihrer Filme gesehen“, habe Papst Franziskus zu ihm gesagt, der sich auch viel lieber für Menschen interessiere und ein großer Kommunikator sei. Am meisten beeindruckt habe ihn, so Wenders, in den vielen Stunden intensiver Nähe die positive Energie des Papstes, seine große Offenheit und Herzlichkeit, gepaart mit einem unbändigen Optimismus und einem Humor, den er nicht immer gleich wegen des argentinischen Akzents des Papstes verstanden habe. Entsprechend wichtig und aufwändig sei die passende Übersetzung und Untertitelung gewesen. Der Papst selbst habe das Ende der Dokumentation mit dem Satz eingeleitet, der dem Filmemacher zum Leitsatz wurde: „Der Künstler ist ein Apostel der Schönheit“. Damit verabschiedete sich auch Wenders von seinem Publikum in Recklinghausen.
Veranstalter des Kirchlichen Film-Festivals ist der Arbeitskreis „Kirche & Kino“ des Evangelischen Kirchenkreises und des Katholischen Kreisdekanats Recklinghausen. Seit 2002 bringt der ökumenische Arbeitskreis unter der Überschrift „weltenbilder – bilderwelten“ besondere sehenswerte Filme ins Kino und ins Gespräch. Partner des Festivals sind die Stadt Recklinghausen, das „Cineworld“ und das Institut für Kino und Filmkultur e.V. (IKF, Köln/Wiesbaden). Die Schirmherrschaft haben Präses Annette Kurschus (Ev. Kirche von Westfalen), Bischof Felix Genn (Bistum Münster) und Bürgermeister Christoph Tesche (Stadt Recklinghausen). Die künstlerische Leitung liegt bei Horst Walther und Michael M. Kleinschmidt vom IKF.
Weitere Informationen finden Sie unter www.kirchliches-filmfestival.de. gh/uka
Kommentare