„Haltung ist anstrengend“ – Diakonie-Präsident in Recklinghausen

„Haltung ist anstrengend“ – Diakonie-Präsident in Recklinghausen

„Haltung ist anstrengend“ – Diakonie-Präsident in Recklinghausen

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„Haltung ist anstrengend“ – Diakonie-Präsident in Recklinghausen

Foto: Im Gespräch mit der Diakonie-Geschäftsführung Christa Stüve und Dr. Dietmar Kehlbreier sowie Superintendentin Saskia Karpenstein forderte Schuch Initiativen, um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden.

 

Die Diakonie muss ihre christlichen Werte deutlich kommunizieren, so dass klar wird: „Der Schutz der uns anvertrauen Menschen steht immer im Vordergrund. Sie müssen sicher sein, dass sie in unseren Einrichtungen geschützt sind und die notwendige Hilfe und Unterstützung erfahren. Wenn diese Werte infrage gestellt werden, müssen wir immer wieder ins Gespräch gehen und wenn nötig auch in den Streit.“ Streit auch mit eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Das ist die Haltung von Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch. Im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „gemeinsam demokratisch“ war er zu Gast im Recklinghäuser Haus des Kirchenkreises. Das Angebot reagiert auf steigenden Populismus und Extremismus: Demokratie in Deutschland ist (längst) kein Selbstläufer (mehr). 

Der Theologe hatte vor einigen Monaten für Aufmerksamkeit gesorgt, als er erklärt hatte, dass eine Ideologie der Ausgrenzung von Menschen, wie sie von der AfD vertreten wird, nicht zu den Werten der Diakonie passe – darüber müsse man mit den Mitarbeitenden das Gespräch suchen. Daraufhin hatte ein bekanntes Boulevard-Medium getitelt: „Evangelische Diakonie will AfD-Wähler rauswerfen“. Aber so „einfach“ ist das nicht.

Schuch berichtete von seiner sommerlichen Demokratiereise durch Sachsen, Thüringen und Hessen und teilweise erschreckenden Erfahrungen mit der Ausgrenzung von Flüchtlingen. Im Gespräch mit der Diakonie-Geschäftsführung Christa Stüve und Dr. Dietmar Kehlbreier sowie Superintendentin Saskia Karpenstein forderte er Initiativen, um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden, mehr Orte, um Konflikte offen anzusprechen, und intensiveres Zuhören, gerade auch bei Andersdenkenden. Aber: „Wo die Menschenwürde gefährdet ist, dürfen wir es nicht beim Zuhören belassen, sondern müssen eine ganz klare Grenze ziehen.“

In dieser Situation Haltung zu zeigen und Widerstand gegen eine weit verbreitete Praxis des Ausgrenzens sei anstrengend, aber notwendig. 

Es folgte eine lebhafte Diskussion, in der sich die meisten der rund 60 Teilnehmenden weitgehend einig waren in der Bewertung der Situation. Doch wie kann man mehr Menschen für die eine offene und demokratische Gesellschaft gewinnen? Wie wecken wir das Vertrauen der 45 Prozent Nordrhein-Westfalen, die bei der letzten Wahl nicht gewählt haben? Wie können Kirchen und demokratische Parteien in den Sozialen Medien genauso erfolgreich agieren wie populistische Strömungen? „Das kostet Überwindung. Wir müssen das tun, was wir nicht wollen: Skrupellos sein und vereinfachen, um schnelle Botschaften zu senden“, beschrieb der Diakonie-Präsident sein Unbehagen. 

Viele Fragen blieben offen. Wie lässt sich ein Mitarbeiter, der Menschen massiv ausgrenzt, arbeitsrechtlich sanktionieren? Und was heißt es konkret, in Zeiten des Fachkräftemangels, auf Bewerberinnen und Bewerber zu verzichten, deren Werte denen der Diakonie widersprechen? Schuch wünschte sich abschließend eine streitbare Demokratie. „Wir sollten den Streit kultivieren. Und abends ein Bier zusammen trinken.“  Für einen Streit waren die Teilnehmer der Abendveranstaltung zu homogen zusammengesetzt.  Aber es gibt ja auch noch ein Leben nach der Diskussion. (DW, KJ)

Foto: Diakonie

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