Volles Haus bei Kirche und Kino und BONHOEFFER

Volles Haus bei Kirche und Kino und BONHOEFFER

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Volles Haus bei Kirche und Kino und BONHOEFFER

Im Rahmen einer Sonderveranstaltung lud der Arbeitskreis KIRCHE UND KINO zu einer Filmvorführung der besonderen Art. Gezeigt wurde der Film BONOEFFER vom US-amerikanischen Regisseur Todd Komarnicki. Der Film hatte im Voraus international für viel Furore gesorgt. Und rund 200 Menschen kamen am Sonntag ins Cineworld Recklinghausen.

In verschiedenen Stellungnahmen hatten sich ich sowohl Nachkommen Bonhoeffers als auch internationale Expert*innen von dem Film (Erscheinung in den USA: Herbst 2024, Deutschland: März 2025) distanziert; vor allem wurde dessen Bewerbung und Vermarktung in den USA kritisiert. So wurde dort der Film u.a. mit einem Plakat Bonhoeffers beworben, in dem er eine Pistole trägt, dazu die Frage: „Wie weit wirst du gehen, um für das Richtige einzutreten?“ Der Untertitel des Films lautete in den USA: „Pastor. Spy. Assassin“ (dt. „Pfarrer. Spion. Attentäter.“). 

Vor allem in Kreisen evangelikaler Christen fand der Film Anklang – in Zeiten des aufgeheizten politischen Klimas in den USA sei das brisant. Dazu heißt es in der Stellungnahme aus einem offenen Brief in der ZEIT: „Auch heute setzen christliche Nationalisten in den USA ihre politischen Gegner mit Nazi-Verbrechen gleich und stellen ihre eigenen militanten Aktionen auf eine Stufe mit dem Widerstand gegen die nationalsozialistische Schreckensherrschaft. Sie missbrauchen Dietrich Bonhoeffers Widerstand gegen Hitlers Regime als Tarnung für ihre Agenda und ihre zunehmende Gewaltbereitschaft.“

Eine weitere Besonderheit: Der Film orientiert sich nur grob an den historischen Begebenheiten; auch die chronologische Abfolge der Ereignisse stimmt nicht immer. 

Allerlei Gesprächsstoff also für eine gründliche Nachbesprechung des Films! Das Gespräch mit Dr. Dietmar Kehlbreier, Theologe und Geschäftsführer des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Recklinghausen, sowie Filmemacher und Autor Hellmut Schlingensiepen entspann sich unter der Moderation von Julia Borries, Bildungsreferentin, ausgehend von der Schlussszene, in der Dietrich Bonhoeffer in einer bildgewaltigen Szene erhängt wird - nur eine von vielen Darstellungen in dem Film, die sich historisch so nicht abgespielt hat. Dazu Hellmut Schlingensiepen: „Ich finde die heroisierende Schlussszene nicht so schlimm wie die weitere unnötige Geschichtsverfälschung: Die Läuterung von Bonhoeffers Mitstreiter Martin Niemöller beispielsweise erfolgte nicht nach der Reichsprogromnacht 1938, sondern in Wirklichkeit erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Das war für Bonhoeffer von entscheidendem Nachteil.“

Wo beginnt künstlerische Freiheit und wo endet sie? Für Schlingensiepen und Kehlbreier stand fest, dass der Film sich davon zu viele genommen hatte. Die Person Bonhoeffers würde als eine Art Jesus und Messias-Figur stilisiert, seine Theologie bzw. das, was aus seinen Texten und Briefen dazu vermittelt wurde, nicht korrekt dargestellt. Auch Medienethiker und Theologe sowie Vorsitzende der Internationalen Bonhoeffer-Gesellschaft, Florian Höhne, merkte dazu in einem Interview an: „(…) Nun muss man, wenn man historische Filme macht, irgendwie frei mit Fakten umgehen. Es gehört zur künstlerischen Freiheit und ist legitim. Der Film geht aber an manchen Stellen zu weit meines Erachtens, sodass ein irreführendes und einseitiges Bild von Bonhoeffer entsteht - und das teilweise ohne Not.“ 

Was Bonhoeffer wichtig war und wofür er sich einsetzte, benannte Dietmar Kehlbreier in einem Satz: „Alle – auch politische – Widerständigkeit kommt bei Bonhoffer aus einem tiefen Christus-Glauben, der aus ihm eben keinen Heiligen gemacht hat, sondern einen Menschen, der mitten in der Welt ‚glauben lernen‘ wollte.“ 

Aus den Reihen des Publikums wurde, neben viel Einverständnis und Zustimmung zum Urteil der Referenten, aber auch gefragt, ob man dann solche Filme überhaupt zeigen dürfte. Ein eindeutiges JA aus der Runde. Kehlbreier: „Wir dürfen die Interpretation solcher Werke nicht denen überlassen, die diese politisch missbrauchen. Die evangelische Kirche hat sich hier zu positionieren und sollte so wie heute Abend auch den Mut zeigen, sich diesen Diskussionen zu stellen.“

Bleibt auch die Frage: Sollte man lieber den Film angucken und darüber diskutieren oder ein ordentliches Buch über Dietrich Bonhoeffer lesen? Medienethiker Höhne sagt: „Auf jeden Fall beides! Wenn man den Film anguckt, dann auch ein ordentliches Buch dazu lesen.“ 

Eine aktuelle Biographie stellt das Werk von Uwe Schulz dar „Dietrich Bonhoeffer: Keine Angst vor dem Leben“, welches am 3. November in einer Lesung im Kirchenkreis Galdbeck-Bottrop-Dorsten präsentiert wurde. 

Christiane Tietz, Theologin und Verfasserin von Büchern über Dietrich Bonhoeffer, kennt Filme über Dietrich Bonhoeffer, die sie gerne empfiehlt, und nennt diese in einem Interview: „Bonhoeffer – die letzte Stufe“ von Erik Till, und der Film „Wer glaubt, der flieht nicht“ der Internationalen Bonhoeffer-Gesellschaft – letzter sei besonders geeignet für junge Leute und Schulklassen, Regie: unser Gast am Sonntagabend, Hellmut Sitó Schlingensiepen.

Der Kinoabend im Cineworld Recklinghausen brachte in jedem Fall eine spannende Auseinandersetzung und gleichwohl die nötige Einordnung und Diskussion des Films. (JB)

Foto: Filmverleih

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